Unternehmen missachten wertvolles Potenzial und verschleudern irrsinnig Geld
Training, Coaching, Beratung, Speaking: Trennung oder Union in einer Person?
Training und Coaching sind Maßnahmen, welche aus der (internen oder externen) Beratung abgeleitet werden. Erkenntnisse aus den durchgeführten Trainings und Coachings sollten wiederum in die Beratung einfließen.
Immer wieder erlebe ich, dass die Unternehmensleitung nicht involviert ist und weder Interesse zeigt, noch auf dem Radar hat, welch wertvolle Erkenntnisse eine Trainerin oder ein Coach aus der Arbeit mit den Menschen im Unternehmen gewinnt. Häufig werden unabhängig von einander verschiedene Coaches und Trainer eingekauft, um unabgestimmte Maßnahmen durchzuführen, die nach Durchführung weder ausgewertet werden, um daraus weitere sinnvolle Schritte abzuleiten, noch werden die Teilnehmenden aus den Maßnahmen weiter begleitet, um das Erkannte und Gelernte auch tatsächlich umzusetzen.
Mitarbeitende unterbewertet
Häufig gänzlich unterbewertet sind die Contact, Call oder Service Center und insbesondere deren Mitarbeitende. Sie können ein Unternehmen glänzen lassen und glückliche Kunden generieren; sie können aber genauso gut eine ganze Branche ruinieren.
Nach Durchführung eines Call Center-Trainings, beispielsweise, habe ich mich mit der Geschäftsführung zusammengesetzt und meine Erfahrungen aus den Gruppen- und Einzel-Settings mitgeteilt. Das war unter anderen die Einsicht, dass sich Kundinnen und Kunden im B2C grundsätzlich wünschen, dass sie mit einem Ansprechpartner sprechen, der alle Vorgänge kennt und das Unternehmen vertritt, als wäre er selbst die Inhaberin oder der Geschäftsführer. Dieser Vertreter in Form des Call Center-Agenten sollte direkt und unkompliziert eine Lösung für das Problem des Kunden anbieten können. Er sollte zumindest verbindlich sein und Sicherheit vermitteln.
Ideal wäre dann noch die Kenntnis des gesamten Sortiments, Zugriff auf den Katalog und die Preise, um dem Kunden bei dieser günstigen Gelegenheit direkt online mögliche Alternativen zu zeigen und im besten Fall weitere Produkte ans Herz zu legen.
Diese Insights wurden von der Geschäftsleitung diskutiert und weitere Maßnahmen geplant.
Eine wahre Geschichte
Eine Mitarbeiterin hatte eine Kundin am Telefon, die aufgeregt von einem unfreundlichen Verkäufer in der Ausstellung erzählte. Der hätte sie falsch beraten und überredet mit falschen Angaben zum Produkt und wäre auch recht unfreundlich gewesen, was ihr zuhause, nach dem Einkauf, erst richtig bewusst wurde.
Die Call Center-Mitarbeiterin hörte diese glaubhafte Geschichte an, war voller Anteilnahme und sagte der aufgebrachten Kundin zu, sich darum zu kümmern. Sie könne die Ware umtauschen und würde freundlich beraten und bedient werden. Sie rief den Verkäufer an (was von der GL eigentlich nicht vorgesehen ist) und musste sich dann ebenfalls von diesem beschimpfen lassen und anhören, was für eine unmögliche Kundin das gewesen sei und dass sie, die Mitarbeiterin, sich gefälligst um ihren eigenen Job kümmern solle…
Verlorene Kundin
So hat das Unternehmen zugleich eine Kundin verloren und außerdem eine engagierte Mitarbeiterin im Call Center, weil die jetzt nur noch Dienst nach Vorschrift macht.
Das Problem: Kompetenzen sind zu stark eingeschränkt, die Agents dürfen viele Informationen nicht rausgeben, haben keinen Zugriff auf sinnvolle Informationen und dürfen zu wenig eigene Entscheidungen treffen, um Kunden zufrieden zu stellen.
Mit kleinen Gesten, Geschenken und Preisnachlässen könnte so vieles wieder gut gemacht werden und wirkliche Kundenbindung entstehen, weil Menschen menschlich miteinander umgehen. Ein Rabatt-Gutschein als Wiedergutmachung, zum Beispiel, macht die Kundin glücklich. Er wird vielleicht niemals eingelöst, führt sie aber im besten Fall wieder zurück ins Geschäft und steigert so den Umsatz – anstatt diese Kundin und deren Umfeld zu „verbrennen“.
Zufriedene Mitarbeitende
Und außerdem sorgt dieses Verfahren für zufriedenere und engagiertere Mitarbeitende im Unternehmen. Sie haben Erfolgserlebnisse, denn sie können anderen Menschen wirklich helfen (was in der Natur des Menschen tief verankert ist) und sehen einen Sinn in ihrem Tun. Sie fühlen sich kompetent, denn sie haben ein Problem gelöst und eine Beziehung gerettet.
Ruinöse Strategie
Vorne raus wird ein Mordsaufwand betrieben, um mit teuren Kampagnen neue Kunden zu locken, online einzukaufen oder gar zu bewegen ein Geschäft aufzusuchen. Machen sie dann eine schlechte Erfahrung, weil eine Verkäuferin unfreundlich, inkompetent oder schlicht nicht auffindbar war und wollen sich beschweren, bekommen sie zwar ‑nach teilweise unzumutbaren Wartezeiten- ein gewisses Verständnis entgegengebracht, aber am Ende doch nur beschwichtigende Anteilnahme von einem gestressten Agenten. Der Kunde, der genau Sie oder ich sein könnte, guckt sich ganz bestimmt nach alternativen Händlern um, teilt seinen Unmut vielleicht in sozialen Netzwerken und ganz bestimmt mit seiner Familie, mit Freunden und Kolleginnen.
Fazit: Das Unternehmen hat durch aufwändige Aktionen und Rabatte neue Kundinnen und Kunden angezogen und zugleich andere durch schlechte Erfahrungen verloren und vergrault.
Das kann auf lange Sicht richtig geschäftsschädigend sein und ist unternehmerisch völlig hirnrissig. Investiere ich doch lieber langfristig in die gute Zusammenarbeit mit zufriedenen Kunden, als dass mir irgendwann die Neukunden ausgehen, weil sich mein Ruf derart verschlechtert hat!
Wert der Kommunikation unterschätzt
Vielleicht erfährt aber die Geschäftsleitung die meisten solcher Geschichten nicht, weil die Teamleiterin sie nicht erfahren hat oder überfordert ist oder einfach nicht gefragt wird. Eine gute Trainerin oder ein Coach erfährt viele solcher Geschichten und erhält Einblicke in die Unternehmenskultur, die jede GL interessieren muss, weil sie bares Geld wert sind. An der Stelle sollte der Trainer/ Coach in der Lage sein, als Berater aus Unternehmersicht zu rapportieren, welche Dinge verbessert werden müssen und wo unentdecktes Potenzial in Menschen und Prozessen schlummert.
Chancen für Unternehmen liegen auf der Hand
Motivation, Change, Strategie können per Speaking an große Gruppen adressiert werden. Wenn also ein Trainer/ eine Trainerin in Abstimmung mit der Geschäftsleitung die Beratungsresultate, auf Grundlage der Erkenntnisse aus dem Training und Coaching, in Form eines Speakings an die Mitarbeitenden kommuniziert, gibt es im Idealfall schon eine Vertrauensbasis und Einsicht in die Sinnhaftigkeit der gewünschten Veränderungen. Die Zustimmung ist dann größer und der Effekt stärker.
Einstieg oben
Häufig kommen Menschen zu mir, weil sie sich scheuen, vor Gruppen zu sprechen oder zu präsentieren. Redeangst nennt man das schon mal gerne. Im Einzelfall stellt sich dann heraus, dass weder die Stimme zu leise, noch die Erfahrung zu wenig ist, sondern dass die Inhalte oder die Strukturen im Unternehmen nicht stimmig sind. Daraus ergibt sich eine Positionierungsfrage, die ich im Coaching mit teilweise unkonventionellen Methoden kläre. Das führt schließlich zu einem starken Auftreten und selbstbewussten Reden.
In einem Führungskräfte-Coaching habe ich über die persönlichen Veränderungswünsche eines Coachees weitreichende Einblicke in die Unternehmens-Struktur erhalten. Diese habe ich in Form einer Beratung an die Geschäftsleitung kommuniziert. Daraus abgeleitet wurde ein Training der entsprechenden Abteilungen und Coaching einzelner Personen. Das war eine sinnvolle und umfassende Change-Maßnahme, wie sie in diesem Umfang und Konzept leider nur von wenigen Unternehmen durchgeführt wird.
Anno Lauten 2019