Stimme & Körpersprache in online-Meetings und Schulungen
So aktuell wie nie zuvor: Die Digitalisierung von Kommunikation und Lehre
Inhalte und Ideen überzeugend zu vermitteln ist für die meisten Menschen schon eine Herausforderung im echten Leben, in echten Räumen und Situationen. Nun gibt es einige Aspekte, die gleich sind im digitalen, virtuellen Raum und einige, die sich unterscheiden.
Grundsätzlich ist es so, dass Menschen Abwechslung lieben. Das bedeutet nicht, dass man wahllos Hektik und Betriebsamkeit verbreiten soll. Sondern, dass man Inhalte sehr gezielt in der einen oder anderen Art und Weise sendet. Das kann nah oder distanziert, laut oder leise, schnell oder langsam sein – je nachdem. In diesem Artikel zeige ich einige Aspekte und Möglichkeiten auf, diese spezielle Form der Kommunikation zu optimieren.
Kein Hexenwerk
Die Computer-Technik und Software sind weit entwickelt und schon sehr leistungsfähig. Der Aufwand, um rein technisch eine gute Verbindung zu anderen Menschen aufzubauen ist überschaubar und kein Hexenwerk.
- Viele haben anfänglich einen übertriebenen „Respekt“ vor der ganzen Technologie. Es ist vielleicht die Angst, dem Unbekannten nicht gewachsen zu sein. Wie bei anderen Lernthemen geht es hier einfach um einen offenen Umgang mit den technischen Möglichkeiten. Es braucht Zeit zur Orientierung, Du solltest Dich mit einigen Leuten unterhalten und bei der Auswahl die Aspekte berücksichtigen, die Dir wichtig sind. Das können sein Datensicherheit, sichere DSGVO-konforme Server in Deutschland oder Europa, Schnelligkeit, Preis, Design, Vertragsbindung, Image u.a. Es lohnt sich, mit den verschiedenen Apps und Tools Probesitzungen mit Kolleg*innen, Freund*innen oder Familie zu machen, um sich schließlich zu entscheiden und sicher im Umgang zu werden.
- Dann gibt es natürlich die Wirkmechanismen, die „in echt“, also in der Begegnung im physischen Raum, auch gelten. Leicht angepasst.
- Und es gibt auch in beiden Welten die Machtverhältnisse, die sich in unseren Beziehungen und Begegnungen manifestieren.
An allen Schrauben kann man drehen und die eigene Performance deutlich steigern. Ich will in diesem Artikel vor allem auf die Punkte zwei und drei eingehen.
Nur Mut
Leider – das kenne ich gut aus eigener Erfahrung – gibt es Menschen und auch Räume, die einen ganz schön einschüchtern können. Dadurch wird es sehr schwierig, sich auf Augenhöhe zu begegnen – was häufig von der anderen Seite auch so gewollt ist.
Jedoch wollen wir ja nachhaltige (Geschäfts-) Beziehungen zu Menschen aufbauen und pflegen und das ist nur möglich, wenn wir auf eine gleichwertige Begegnung hinwirken. Das erfordert einiges an Selbstbewusstsein und auch Kenntnis des Gegenübers. Werde Dir klar über Deine Stärken – ganz konkret! – und das, was Du anzubieten hast. Es ist auch hilfreich, alles sehr detailliert aufzuschreiben und schließlich als Stichwortliste dabei zu haben. Denke über den Nutzen Deiner Arbeit, Deiner Ideen und Produkte für den oder die anderen nach. Wichtig ist weniger, dass Du alles sagst, sondern vielmehr, dass es Dir selbst bewusst ist. Dadurch hast Du ein höheres Selbstwertgefühl und eine sicherere Ausstrahlung.
Es gilt also, einige Hürden zu nehmen: Die Sprechsituation (vor der Kamera), die Bedienung der Technik, die eigene Positionierung der oder den anderen Teilnehmenden gegenüber und die Fokussierung auf unsere Botschaft sowie deren Formulierung. Das kann schon einiges an Anspannung verursachen, besonders, wenn es um etwas Wichtiges geht und die Zeit knapp ist: Die Einstellung einer neuen Mitarbeiterin, die Präsentation eines neuen Produkts, die Entscheidung über eine Neuausrichtung des Geschäfts, die Verhandlung über einen Kredit oder die Zusammenarbeit oder auch die professionelle Vermittlung von Lerninhalten. Diese Anspannung wirkt sich meist ungünstig auf unsere Wirkung aus. Der Gesichtsausdruck wird versteinert, die Stirn gerunzelt, die Gestik verhalten oder hektisch,die Stimme leise oder monoton usw. Die folgenden Ratschläge und Techniken sollen Dir nützlich sein, das Beste rauszuholen aus diesen Situationen.
Praxis-Tipps, um Aufmerksamkeit zu erzielen und eigene Anliegen selbstbewusst zu platzieren
Durch den bewussten Einsatz von Stimme und Körpersprache vermittelst Du Deine Botschaften und Inhalte wirkungsvoller und steigerst Deinen Einfluss enorm.
Die folgenden Techniken und Hinweise werden Dir eine wertvolle Hilfe sein. Nimm Dir die Zeit, um sie auszuprobieren und zu üben, damit sie Dir bald in Fleisch und Blut übergehen und nicht mehr fremd oder unauthentisch vorkommen.
Strukturierung von Inhalten durch Sprach-Formatierung©
Mein Ansatz hier ist, die bekannten Möglichkeiten der Textformatierung auf die Sprache zu übertragen. Es geht um die Strukturierung und Lebendigkeit im Reden.
Durch das sinnvolle Einsetzen folgender Parameter werden Inhalte anschaulich, nachvollziehbar und einprägsam.
- Sprechpausen (von mir als Micro-Pause definiert) solltest Du bei fast jedem Satzzeichen einsetzen. Dadurch wird die Sprache transparenter und strukturierter und Deine Worte können besser aufgenommen werden. Das ist für die meisten zunächst etwas fremd und gewöhnungsbedürftig – es braucht etwa Übung. Das geht zunächst am besten, indem man mit Texten übt, die man abliest. Am besten eignen sich Reden, die von guten Redenschreiber*innen verfasst wurden. Man findet etliche im Netz, z.B. Barack Obamas Antrittsrede, sehr schön sind auch die Ratschläge für einen schlechten Redner von Kurt Tucholsky und ein unendlicher Fundus an Literatur, Texten, Reden und Schriften findest Du im Projekt Gutenberg.
- Blickkontakt ist auch sehr wichtig und wenn Du frei sprichst, weißt, was Du sagen möchtest und darin sicher bist, kannst Du die ganze Zeit in die Kamera sprechen (gucken). Vielleicht setzt Du auch einen Teleprompter ein? Dann ist es auch relativ leicht, (fast) durchgehend in die Linse zu schauen. Solltest Du aber Text von Blättern ablesen, Folien besprechen oder im Sprechen denken, so achte darauf, dass Du besonders am Ende einer Aussage (eines Satzes) Blickkontakt herstellst und einen Augenblick lang auch hältst. Dadurch werden Deine Inhalte deutlich glaubwürdiger und besser behalten.
- Eine klare Aussprache ist definitiv sinnvoll. Es ist aber auch bei diesem Aspekt sehr relativ: Die Sprache soll ja gut verständlich sein, aber auch authentisch und lebendig rüberkommen – also nicht gekünstelt und aufgesetzt. Es lohnt sich, hier ein paar Rückmeldungen einzuholen und ggf. wirklich daran zu arbeiten. Eine bewusste Artikulation sorgt auf jeden Fall für eine kompetentere Wirkung und bessere Verständlichkeit. Wenn man konkrete Probleme hat, z.B. durch einen starken Dialekt, sollte man an der hochdeutschen Lautung arbeiten. Die weit verbreiteten Problemlaute /ch/ und /sch/ zum Beispiel habe ich in meinem Podcast auf upspeak behandelt.
- Gestik solltest Du nicht übertreiben, damit Du nicht hektisch und unruhig rüberkommst am Bildschirm. Aber punktuell ist der Einsatz von Gesten, also die Bewegung von Händen und Armen sinnvoll, um das Verbalisierte zu verstärken, Akzente zu setzen und Deine Wirkung etwas lebendiger und abwechslungsreicher zu gestalten.
- Melodie, also das Auf und Ab Deiner Stimme, hast Du ganz bestimmt immer dann in Deinem Ausdruck, wenn Du ganz entspannt mit Familie oder Freunden über etwas schönes oder spannendes redest. Wenn Du aufgeregt und angespannt bist, kann es sein, dass die Melodie flöten geht und Dein Beitrag monoton klingt. Dann wird es schwer und anstrengend, Deinen Ausführungen zu folgen. Zur Bildung von Spannungsbögen, zur Verdeutlichung von Sinnzusammenhängen und zur Abwechslung solltest Du vor der Kamera gezielt Deine Sprachmelodie variieren.
- Betonung zur punktuellen Hervorhebung wichtiger Worte erzielst Du zum Beispiel durch eine Veränderung der Lautstärke nach lauter oder leiser oder auch der Tonhöhe nach höher oder tiefer. Auch im Zusammenspiel mit der Körpersprache kannst Du wichtige Punkte hervorheben.
- Stimmlage und ‑farbe kannst Du gezielt einsetzen, um verschiedene Ebenen anzusprechen (Kopf, Herz, Bauch, Becken). Das kann sinnvoll sein, wenn Du wirklich viel trockenen Stoff zu vermitteln hast und es muss nicht alles ans Hirn adressiert werden. Wir sind ja Menschen und dürsten alle nach Stimmung, Gefühl und Abwechslung.
Nicht nur Verhalten, auch Kleider machen Leute – auch am Bildschirm
Mach Dir einfach bewusst, wie Menschen im Fernsehen auftreten. Ansagende, Moderator*innen, Nachrichten-Sprechende. Je nach Sendung, Thema und Zielpublikum sind die Leute gekleidet und bewegen sich mehr oder weniger, um eher seriös oder unterhaltsam zu wirken.
- Ziehe Kleidung an, die Dir gut steht, aber nicht zu grell, gedeckt oder blass ist. Auch krasse Muster oder Strukturen mit verschiedenen Farben sollten mit nur Bedacht gewählt werden 😉 Außerdem solltest Du bedenken, dass sich Deine Kleidung mit der Hintergrund-Farbe verträgt, denn das ist die Komposition, die die anderen auf ihrem Bildschirm sehen.
- Beim Zuhören entspannt zurücklehnen, beim Sprechen aktiv aufrichten. Durch diese Veränderung signalisierst Du schon durch Deine Körperspannung körpersprachlich, dass Du etwas sagen willst oder eben ‑eher passiv- zuhörst.
- Gezielte Veränderung des Abstands zur Kamera, bzw. Nutzung des Kamera-Zooms kann Deine Inhalte nochmal mehr oder weniger eindringlich machen.
- Nutze Deine Hände, um gezielt Deine Zustimmung zu signalisieren, z.B. durch Daumen hoch in die Kamera. Winken, um zu begrüßen oder zu verabschieden. Den geschlossenen Daumen-Zeigefinger-Ring als Ausdruck von Auszeichnung und Anerkennung, die Finger, um eine Aufzählung zu visualisieren etc. Also verwende gezielt Zeichensprache, um Deine Sprache zu bereichern und zu verstärken.
- Du kannst Dir auch ein paar Gegenstände oder bemalte/ beschriftete Moderationskarten zurecht legen und dadurch Botschaften bildhaft unterstreichen, Zustimmung oder Ablehnung zu signalisieren.
Hinweise & Tipps für das Kamera-Setup
Ein paar wichtige Tipps will ich Dir zu diesem Thema natürlich auch hier geben: Nutze alle zur Verfügung stehenden Möglichkeiten!
- Kamera auf Augenhöhe! Bitte nicht von oben oder unten – das wirkt immer überheblich, unterwürfig, ungünstig, komisch. Du solltest möglichst viel und direkt in die Linse gucken. Wenn Du noch ungeübt bist, hilft ein Foto von einem lieben Menschen oder auch ein Smiley (Aufkleber, ausgedruckt oder gemalt auf ein Papier) möglichst dicht oberhalb der Linse. Unser Hirn und unsere Stimme haben am liebsten ein Ziel für ihre Botschaften: Zwei Augen. In dieses Gesicht also schaust Du die ganze Zeit und bist dadurch viel besser im Kontakt mit Deinem Publikum.
- Gute Beleuchtung, sodass Dein Gesicht in positivem Licht erstrahlt. Immer wieder sieht man Menschen auf dem Bildschirm, die man kaum sehen kann, weil sie einfach zu dunkel sind. Oder es sind unschöne Schatten zu sehen oder eine Gesichtshälfte ist hell, die andere dunkel. Das muss doch nicht sein! Es geht nicht nur um die guten Inhalten, sondern auch um die angemessene Präsentation. Am besten sind mindestens zwei Fotoleuchten (Sofboxen), also Tageslichlampen, die auf Kopfhöhe im 45 Grad-Winkel zu Deiner Position stehen. Damit bist Du voll ausgeleuchtet und erscheinst „im rechten Licht“.
- Es kann auch sinnvoll sein, sich das Gesicht zu pudern. Wenn Du dazu neigst, dass Deine Haut glänzt, solltest Du einen leichten Puder im Ton Deiner natürlichen Hautfarbe auflegen – das wirkt einfach besser.
- Wähle einen hellen Hintergrund, ggf. auch einfarbig, ggf. auch umschaltbar, sobald Du sprechen willst. Dadurch bewirkst Du ein klareres Gesamtbild auf dem Schirm und hebst Dich u.U. von anderen Teilnehmenden ab.
Eine Klientin hat häufig die Situation, dass sie die einzige ist, die in einer Präsenz-Besprechung per Zuschaltung über einen Monitor dabei ist. Die Herausforderung ist dann jedes Mal, die fehlende physische Präsenz gegenüber den anderen wett zu machen. Ich habe ihr geraten einen roten Hintergrund zu verwenden, da sie dadurch einfach deutlich sichtbarer wird, als mit einem unaufgeräumten Home-Office-Hintergrund.
- Raumakustik dämpfen: Verteile ggf. Stoffe, Decken, Kissen, Matratzen, Vorhänge u.ä. im Raum und hänge große Flächen (Fenster, Türen) ab, um den Schall zu schlucken. Das ist effektiver, als viel Geld in ein teures Mikrofon zu stecken. Am besten ist natürlich beides 🙂
- Der sichtbare Ausschnitt sollte standardmäßig so sein, dass Deine Hände zumindest etwas sichtbar werden und über Deinem Kopf noch ein wenig Luft ist bis zum Bildrand. Dann kannst Du je nach Inhalt variieren und Dein Gesicht ganz groß zeigen oder auch den Oberkörper bis zum Bauch oder Hosenbund.
- Auch die Bewegung im Raum kannst Du in Betracht ziehen: Richte Deinen Arbeitsplatz möglichst so ein, dass Du Spielraum hast. Dann kannst Du mal Dein Gesicht in groß zeigen und auch mal Deinen ganzen Körper und sogar ein paar Schritte im Raum. Das kann sehr interessant wirken, wenn es überlegt ist. Das Ganze ist halt immer auch Inszenierung.
Schließlich rate ich Dir, ganz einfach zu üben, indem Du Dich mit Deinem Smartphone oder einer Kamera aufnimmst während Du Deine Inhalte präsentierst.
Probier´s aus. Viel Erfolg!